Artenvielfalt erhalten – für eine lebenswerte Welt
Veröffentlicht: März 24, 2022 Abgelegt unter: Gemeinschaftsgarten | Tags: Artenvielfalt, Biodiversität in der Stadt, Garten in der Stadt, Gemeinschaftsgarten wachsenlassen, initiative steinmetzkiez, Lebensräume schaffen, Nachhaltigkeit, steinmetzkiez, Urbanes Gärtnern Hinterlasse einen Kommentar
Moose gehören zu den ältesten Lebewesen auf unserer Erde, nach heutigen Auffassungen haben sie sich vor etwa 400 bis 450 Millionen Jahren aus Grünalgen der Gezeitenzone (die Region eines Küstenlandes, die bei Flut unter Wasser und bei Ebbe von Wasser unbedeckt ist) entwickelt und sie können mehrere tausend Jahre alt werden.
Aus der Antarktis ist ein Fund eines ca. 10000 Jahre alten Rindenmooses belegt.
Unglaublich, oder?
Wie kurz ist doch die Lebensspanne eines Menschen – und auch die der ganzen Menschheit – und wie groß ist unsere Hybris, unserer Mitwelt und deren zahlreichen Lebenwesen gegenüber.

Moose spielen eine bedeutende Rolle in Nährstoffkreisläufen, sie bieten Lebensräume für Kleintiere und Keimbetten für Blühpflanzen, wie hier dem behaartem Schaumkraut, Cardamine hirsuta, einem, wie ich finde, entzückendem Wildkraut, auch essbar, einem Neophyten in unseren Breitengraden, aber wer ist das mittlerweile nicht?

Überhaupt ist der Frühling die Zeit der kleinen, aber kraftvollen Entdeckungen, wir müssen zeitweise schon in die Hocke gehen und genau hinschauen, um die Kraft und Schönheit der Natur geniessen (und riechen) zu können.
Viele reizende Frühjahrsblüher, die wichtigen Nektar für die frühfliegenden Wildbienen zur Verfügung stellen, sind klein, noch ist das Sonnenlicht rar und sie nutzen das Licht der noch unbelaubten Bäume.

Anemona blanda

Viola odorata

Das heimische Mauer- Zimbelkraut, Cymbalaria muralis, blüht zwar erst ab Juni (dann muss man sich noch einmal bücken, um seine Schönheit zu erkennen), aber wird jetzt schon freudig begrüßt beim Wiederentdecken!
Jeder*r hat seine eigene Lebensstrategie, wir müssen ihnen nur ihre Lebensbedingungen erhalten – Boden, Luft, Wasser, Licht = Klima?
Und wir sollten nicht vergessen, dass diese auch unsere Lebensbedingungen sind.

Kraftvoller Austrieb Rhabarber, Rheum rhabarbarum

Zarte Schönheit der Pfingstrose, Paeonia, im zweiten Jahr nach ihrer Umpflanzung, welche sie gar nicht schätzt.

Waldige Verschlungenheit des Echten Mädesüß, Filipendula ulmaria.

Das Erwachen des hilfreichen Gundermanns, Glechoma hederacea.
So, jetzt kommt ein harter Bruch zu der vermeintlichen Idylle unseres Gemeinschaftsgartens – vermeintlich deshalb, weil auch dieser naturnahe Raum nicht einfach zu erhalten ist, der Bezirk Berlin Mitte sieht keine Möglichkeit, einen solchen Ort der Artenvielfalt in der Stadt zu finanzieren.
Wir gehen über zu der bitteren Realität des herkömmlichen und leidbringenden Umgangs mit unserer Stadtnatur:

Jedes Mal, wenn ich diesen Mieterhof in Berlin Schöneberg betrete – die Verwaltung nennt es euphemistisch Garten – werde ich von einem Gefühl des Grauens überfallen.
Wer ist so unsensibel und abgestumpft, dass er sich hier wohlgemut aufhalten möchte inmitten dieser um Hilfe schreienden Kreaturen?
Meine Hochachtung für diese Gehölze, die widrgsten Umständen und permanenter Verkrüppelung durch unkontrollierte, durch wen oder was auch immer normierte Bescheidungsaktionen trotzten, wächst mit jeden Besuch.
Und jedes sich aufbäumende Kraut oder Tier wird weggefegt oder höchstwahrscheinlich gepustet.
Und meine Hochachtung vor Mieter*innen, die sich gegen eine solche Mißachtung der Natur stemmen und sich aktiv dafür einsetzen, dass dieser Hof wieder zu einem Garten für Menschen, Pflanzen und Tiere wird!

Permakulturgärtner*innen behaupten, man kann jeden Boden heilen – wir werden es gemeinschaftlich versuchen.
